Gewollte Fluktuation bietet laut MMag. Judith Kastner Unternehmen eine einzigartige Möglichkeit, frische Perspektiven und neue Ideen zu integrieren. Wenn sie richtig gemanagt wird und den Austrittsprozess von Mitarbeitenden respektvoll gestaltet.
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According to Judith Kastner, intentional turnover offers companies a unique opportunity to integrate fresh perspectives and new ideas. If it is managed correctly and the employee departure process is handled respectfully.

So wird Mitarbeiter:innen-Fluktuation ein Schlüssel zum Erfolg

06.05.2024 | General
Mitte April 2024 fand der siebte Personalleiter:innenkreis an der FH Kufstein Tirol statt. Fluktuation von Mitarbeiter:innen kann durchaus auch eine Chance für ein Unternehmen sein - wenn man sich ernsthaft mit deren Gründen auseinandersetzt und gezielt Maßnahmen setzt.

Unternehmer:innen müssen damit rechnen, dass sich die Rate der Fluktuation zwischen 50 bis 75 Prozent erhöht. Zudem braucht es bis zu 18 Prozent länger, bis neue Stellen im Unternehmen wieder besetzt werden können. Megatrends wie Digitalisierung und New Work setzen Unternehmen unter Druck, da sie erfordern, dass Mitarbeitende mit den entsprechenden Qualifikationen rekrutiert und bestehende Mitarbeitende entsprechend geschult sind. Dies bedeutet, dass wir uns in einem dynamisierten Umfeld befinden. Genau dieser Dynamik können Unternehmen jedoch aktiv begegnen und langfristig strukturelle und strategische Maßnahmen einleiten mit dem Potential, den Unternehmenserfolg und Wettbewerbsvorteil zu verstärken.

Die Bedeutung von Fluktuation in der Unternehmenskultur

„Es ist entscheidend zu verstehen, ob die Fluktuation gewollt oder ungewollt ist. Ungewollte Fluktuation kann oft auf Probleme in der Organisation hinweisen, wie etwa schlechte Führung oder mangelnde Anerkennung, die adressiert werden müssen, um die Unternehmenskultur zu verbessern und das Engagement der Mitarbeiter:innen zu erhöhen“, sagt Unternehmensberaterin und Executive Coach, MMag. Judith Kastner. „Die gewollte Fluktuation bietet Unternehmen eine einzigartige Möglichkeit, frische Perspektiven und neue Ideen zu integrieren. Indem Raum für neue Mitarbeitende geschaffen wird, die unterschiedliche Sichtweisen und Erfahrungen mitbringen, kann die Organisation dynamisch auf Veränderungen im Markt reagieren und ihre Innovationskraft stärken.

Abgehende Mitarbeitende können als Botschafter für das Unternehmen fungieren und dessen Ruf auf dem Arbeitsmarkt stärken. Durch positive Austrittserlebnisse können ehemalige Mitarbeitende zu wichtigen Netzwerkpartnern und Empfehlern werden, was zukünftige Rekrutierungsmaßnahmen unterstützt. Dies unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen und respektvollen Gestaltung der Austrittsprozesse, um langfristig positive Beziehungen zu ehemaligen Mitarbeitenden zu erhalten (Tupper & Ellis, 2022).

Die Wichtigkeit und Grenzen von Austrittsgesprächen

Austrittsgespräche sind ein weit verbreiteter Ansatz, um Einblicke in die Gründe für die Mitarbeiterfluktuation zu gewinnen. Jedoch zeigen Studien, dass Mitarbeitende in solchen Gesprächen nicht immer offen sind, was die Zuverlässigkeit der gewonnenen Informationen einschränken kann (Klotz & Bolino, 2019). Um tiefere Einsichten zu erlangen wird empfohlen, qualitative Analysen durchzuführen, die über standardisierte Fragebögen hinausgehen:

1.     Beobachtung des Verhaltens von Mitarbeitenden: Verhaltensbeobachtungen der ausscheidenden Mitarbeitenden können oft Aufschluss darüber geben, wie diese sich während ihrer Zeit im Unternehmen gefühlt haben. Dies kann wichtige Hinweise zur Verbesserung von Unternehmenskultur und Arbeitsumfeld liefern.

2.     Rücksprache mit den Kolleg:innen: Das Sammeln von Feedback der Teamkolleginnen der ausscheidenden Person kann wertvolle Einsichten darüber bieten, wie das Team die Fluktuation erlebt und welche Verbesserungen im Teamgefüge oder in der Führungsstruktur möglich sind. Eine offene Kommunikationskultur und gute Führung sind hierbei entscheidend für den Erhalt einer positiven Teamdynamik.

3.     Nachverfolgung der Karrierepfade: Zu verstehen, was Mitarbeitende nach ihrem Austritt tun – ob sie weiterstudieren, eine Work-Life-Balance suchen oder in einer ganz anderen Branche neu starten – kann aufzeigen, welche Karriereambitionen oder -bedürfnisse innerhalb des Unternehmens möglicherweise nicht erfüllt wurden.

Best Practice und systematischer Ansatz

Es ist essenziell, dass Unternehmen nicht nur reaktiv, sondern proaktiv handeln, um die Fluktuation zu verstehen und zu gestalten. Eine Studie von Klotz & Bolino (2019) zeigt, dass Austrittsgespräche zwar hilfreich sind, aber oft nicht die tiefgreifenden Gründe für den Weggang erfassen, weil Mitarbeitende nicht immer offen sind. Tupper und Ellis (2022) argumentieren, dass es an der Zeit ist, die Mitarbeiter:innenbindung neu zu denken, indem Unternehmen eine Kultur schaffen, die nicht nur die Anwesenheit, sondern auch das Wohlbefinden und die berufliche Entwicklung der Mitarbeitenden fördert. Ein ganzheitlicher Ansatz umfasst die Schaffung eines umfassenden Systems, das Führung, Personalabteilung und die gesamte Organisation einbezieht, um eine Kultur zu fördern, in der Fluktuation nicht nur als Verlust, sondern als Gelegenheit gesehen wird.

Fazit

Die Fluktuation von Mitarbeitenden bietet, wenn sie richtig gemanagt wird, eine Chance für Unternehmen, sich ständig weiterzuentwickeln und zu verbessern. Durch die Etablierung eines ganzheitlichen Systems zur Fluktuationsanalyse und -bewältigung können Unternehmen nicht nur die Ursachen für Fluktuation verstehen, sondern auch eine attraktive, engagierte und zukunftsfähige Arbeitsumgebung schaffen.

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Nützliche Quellen zum Thema: